11/12/2020 0 Comments Mangelbewegung als RisikofaktorPferde sind darauf ausgelegt, 16 Stunden am Tag im ruhigen Weideschritt zu wandern und dabei um die 30 Kilometer zurückzulegen. Reitpferde stehen dagegen je nach Haltungsform wahlweise in der Box oder vorwiegend vor der Heuraufe und legen nur wenige hundert Meter bis Kilometer im einstelligen Bereich am Tag zurück. Wenn der eigentlich wohlmeinende Besitzer dann eine lockere 3-Kilometer-Runde im Gelände völlig falsch als „Arbeit“ oder überschwelligen Trainingsreiz einschätzt und das Pferd an den Folgetagen (schlimmstenfalls die ganze Woche) im Offenstall ohne Bewegungsanreize vor der Heu ad libitum-Raufe parkt und zusieht wie das Pferd immer dicker wird, schadet er ihm nicht weniger als der „böse“ Sportreiter, der gar keine Pausentage macht.
Mangelbewegung schadet genauso sehr wie Übertraining – nur an anderen Stellen. Auch (eigentlich orthopädisch gesunde) Pferde, die lediglich unterschwellig trainiert werden (nur Zirkustricks, nur Schrittarbeit, nur Laufen in verkürztem Gangmaß, nur Schrittspaziergänge) und quasi nie länger als eine Runde frisch vorwärts traben und galoppieren dürfen, bekommen auf lange Sicht Probleme – es sei denn sie werden wirklich sehr (!) naturnah auf riesigen Flächen gehalten und bewegen sich tatsächlich jeden Tag 15 Kilometer von selbst. Ganz wichtig zu erwähnen ist auch die aktive Erholung: Nach überschwelligen Trainingsreizen braucht das Gewebe einen oder zwei Tage Pause für die Regeneration, also für das Füllen der Energiespeicher in den Muskeln, Kollagensynthese in den Sehnen, Reparation kleinster Mikroläsionen etc. Nun heißt „Pausentag“ aber keinesfalls Herumstehen in der Box, auch wenn diese einen mehr oder weniger großen gepflasterten Balkon besitzt! Ein Pferd „mal stehen zu lassen“ geht wirklich nur, wenn es mehrstündige freie Bewegung und zwar mit Kontakt zu Artgenossen hat. Das steht so übrigens auch in den Tierschutzleitlinien. Freie Bewegung ist Bewegung auf Flächen, auf denen das Pferd durchaus mal galoppieren kann. Darüber hinaus ist es auch am Pausentag sinnvoll, das Pferd locker zu bewegen: Schrittspaziergang, Handarbeit im Schritt, lockeres Longieren, beim trainierten Pferd ruhiges Ausreiten im Schritt und Trab etc. sind bestens geeignet für die aktive Erholung. Mangelbewegung bzw. Überfütterung sind Risikofaktoren für das Equine Metabolische Syndrom (EMS) und Hufrehe, Darmprobleme, Atemwegsprobleme, sogar Hufrollensyndrom (Equine palmar foot syndrom), einige Knieprobleme und degenerative Gelenkserkrankungen, um nur einige zu nennen. Leider haben wir auch sehr junge Pferde mit starken Rückenproblemen bis hin zu Kissing Spines in der Trainingstherapie, weil ein viel zu schwerer Bauch mit völlig untrainierten Bauchmuskeln an einer jugendlichen Wirbelsäule zieht. Ein ungerittenes Pferd kann definitiv „trageerschöpft“ sein! Es ist keinesfalls pferdefreundlich, ein Pferd in den ersten sechs Lebensjahren gar nicht zu arbeiten und obendrein eher bewegungsarm zu halten. Möchte man dann „endlich anfangen“, plagt sich das Pferd bereits mit chronischer Hufrehe und starken Rückenverspannungen und wird so zum Frührentner (mehr dazu zum Thema im Pathologie-Kapitel*). Fatal ist auch, wenn Besitzer eines eigentlich mangeltrainierten Pferdes selbiges immer nur sonntags mit den Stallkollegen ausreiten und dann das Pferd einmal im Jahr plötzlich mit zur Herbstjagd oder auf den Wanderritt nehmen oder spontan den Springlehrgang mitreiten. Neben dem Muskelkater ihres Lebens bekommen diese Tiere dann eventuell Bänder- und Sehnenverletzungen gratis dazu. Mehr zum Thema Trainingsplanung: https://www.osteo-dressage.com/.../onlinekurs... *Unser Buch zur Trainingstherapie, in dem Sie das komplette Patholigie-Kapitel finden: https://shop.autorenwelt.de/.../trainingstherapie-zuruck... Foto: Maresa Mader Araberberber "Mojo" darf an der Longe Cavaletti springen
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AutorinnenClaudia Weingand & Katharina Möller reden über Pferdetherapie und - Training, Osteopathie & Klassische Ausbildung |
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