5/31/2021 0 Kommentare Mut zur Basis!(aus Claudias altem Blog)
Jahrzehntelanges Training bei einer Koryphäe, fundierte anatomische Kenntnisse (Muskeln mit Ansatz und Ursprung nennen können nachts um eins mit 40 Grad Fieber) und Ausbildungserfahrung bis zur höchsten Versammlung am durchhängenden Zügel – nur, wer diese Kriterien erfüllt, darf Pferde reiten. Oder gar besitzen. Quatsch. Jetzt atmen wir alle mal tief durch und denken an unsere allerersten Schulpferde. Damals Meins hieß Otto, war ein sehr kleiner Trakehner (1,56 m Stockmaß) und in seiner Jungend bis L-Dressur ausgebildet worden. 6/7 der Woche trug er Kinder und Jugendliche auf seinem Rücken – vom Anfänger bis zum A-Dressur-Niveau und mindestens drei Mal pro Woche ging er ins Gelände. Otto war 19, als ich mit dem Reiten begann und schaffte es an manchen Tagen binnen Sekunden, einen Anfänger auf den Boden der Tatsachen zu bocken. Auf ihm erlebte ich meine ersten Longenstunden, meine ersten geführten Ausritte, meinen ersten Jagdgalopp, die ersten Reiterwettbewerbe und meine erste E-Dressur. Bei einem Reiterwettbewerb belegte ich den vierten Platz, obwohl ich nicht ein einziges Kommando umsetzte. Der Richter hatte Mitleid mit mir, denn Otto, damals Ü20, schoss während der gesamten Prüfung ausdauernd bockend durchs Viereck, zum Glück ohne die anderen Pferde zu rammen. Ich flog zweimal auf den Hals, hangelte mich aber immer wieder in den Sattel zurück. Nee, ich finde das im Rückblick gar nicht gut und ich schließe osteopathische Probleme auf keinen Fall aus. Aber: Als ich das mit dem Reiten allmählich begriffen hatte, wurde er gnädiger. Otto wurde übrigens 33 (oder waren´s 34?) Jahre alt. Heute Jetzt, 20 Jahre später und durchaus gebildeter, gäbe es da Dinge, die ich selbstverständlich kritisch sehen würde. Ob damals der Sattler regelmäßig kam? Ob die Innenboxenhaltung (immerhin mit Koppelgang!) wirklich artgerecht war? Ob der Zahnarzt überhaupt jemals gerufen wurde? Ob Pferde täglich geritten werden sollten? Ich beantworte aus heutiger Sicht all das mit „Nein.“ Aber: Warum wurde Otto trotzdem ziemlich gesund sehr alt? Da gibt es einige Punkte, die einfach richtig gut waren:
Was sagt uns das? Wer sein Pferd abwechslungsreich fördern will, kann das auch im Basisbereich so tun, dass er und sein Pferd glücklich und gesund bleiben. Dafür sind ein zügelunabhängiger Sitz, ein passender Sattel, Pferdeverstand und etwas Abwechslung im Training (Platz, Gelände, Longieren, Bodenarbeit, Spazieren gehen,…) und ein grundsätzlich entspanntes und gesundes Pferd eigentlich ausreichend. Niemand muss ein schlechtes Gewissen haben, wenn er sein Pferd nicht piaffieren, Schulterherein reiten oder mit ihm fliegende Wechsel erarbeiten kann. Im Gegenteil: Das KANN man tun, aber bitte nur, wenn man weiß, wie. Wer sich auf der Grundlage von Versuch und Irrtum an hohe Lektionen wagt, macht sehr viel wahrscheinlicher „etwas kaputt“ als Gutes zu erreichen. Ich hoffe für viele Reiter und Pferde, dass die Basisarbeit einen zunehmend besseren Ruf bekommt. Bevor man mich falsch versteht: Gute Basisausbildung geht allerdings nicht leicht, nicht schnell und nicht nebenbei. Auch und gerade an der Basis brauchen wir eine fundierte Ausbildung!
0 Kommentare
Antwort hinterlassen |
AutorinnenClaudia Weingand & Katharina Möller reden über Pferdetherapie und - Training, Osteopathie & Klassische Ausbildung |
|
Optimize my horse
Das High-Quality-Angebot für dein Pferd. |